Oticon zählt zu den weltweit größten Herstellern von Hörsystemen für
Erwachsene und Kinder. Das Unternehmen blickt auf eine Geschichte
zurück, die bis in das Jahr 1904 zurückreicht. Ansässig ist es im
dänischen Smørum bei Kopenhagen. Besonderes Augenmerk legt der
Hörgerätehersteller auf Entwicklung und Innovation. So ist Oticon das
einzige Unternehmen der Branche, das ein eigenes Forschungszentrum
unterhält.
Früchte der Forschungstätigkeit sind unter anderem die
BrainHearing™-Technologie von Oticon, aber auch die Oticon Ruby- sowie
die besonders leistungsstarken Oticon Xceed- und Oticon Xceed
Play-Hörsysteme. Speziell für Kinder und Jugendliche entwickelt sind die
Oticon Opn Play-Systeme, in die neben der BrainHearing™-Technologie
auch der OpenSound Navigator™, der OpenSound Optimizer™ sowie die
Chip-Plattform Velox S™ integriert sind.
Ein "tiefes neuronales Netzwerk" (DNN) angelehnt an die Funktionsweise des Gehirns
Mit
dem neusten Wurf aus Eriksholm, dem Oticon More™, zieht die gegenwärtig
am höchsten entwickelte künstliche Intelligenz in die Systeme von
Oticon ein. Dabei handelt es sich um die sogenannte DNN-Technologie. DNN
steht für Deep Neural Network. Kernelement sind 12 Millionen reale
Klangszenen, über die das System die Funktionsprinzipien des Gehirns
imitiert. Die eindrucksvoll inszenierte Premierenshow von Oticon fand am
30.11.2020 statt.
Künstliche Intelligenz (KI) ist für Oticon
keineswegs Neuland. Bereits seit 2004 gehört sie zum Standard in den
Hörsystemen aus Dänemark. Im unternehmenseigenen Forschungszentrum wurde
sie seither ständig weiterentwickelt. Kommen andere über weniger als
ein Dutzend Klangwelten nicht hinaus, sind es bei Oticon 12 Millionen.
Sprechen wieder andere von Reaktionszeiten, die rund zehn Sekunden in
Anspruch nehmen, stellt sich Oticon More™ in nur zwei Millisekunden auf
eine Klangumgebung ein.
Klangumgebungen einbinden statt zu unterdrücken
Die
Aufgabenstellung lautete dabei, Klangumgebungen eben nicht zu
unterdrücken, wie das bei zahlreichen herkömmlichen Hörsystemen der Fall
ist. Viel näher an der Funktionsweise des Gehirns ist es, sie in das
Hören einzubinden. Über die Kommunikation unter Milliarden von Neuronen
ist es dem Gehirn möglich, Hintergrundgeräusche beispielsweise von der
Stimme eines Gesprächspartners zu trennen. Genau dies ahmt die Oticon
More-Technologie mit tausenden Neuronen in 24 Kanälen nach. Vom
Eingangssignal über eine neuronale Stuktur in Hidden Layern oder
versteckten Schichten geht es an eine Output-Schicht und von dort an den
Lautsprecher.
Auf dem Weg dahin hat das DNN analog zu den
Verarbeitungsprozessen im Gehirn, die Gesamtheit der akustischen Signale
bewertet - in Echtzeit. Damit das funktioniert, ist natürlich zur
Schaffung einer Bewertungsgrundlage ein immenses Training erforderlich.
Hierbei geht es nicht darum, definierte Situationen unter
Laborbedingungen zu programmieren. Das DNN muss vielmehr in der Lage
sein, auf eine unendliche Anzahl an möglichen Situationen zu reagieren.
DNN lernt hören wie Kinder laufen
Das
Training von Oticon More startete daher mit der Aufnahme von realen
Klangszenen über ein sphärisches Mikrofon, das kugelförmig aufgebaut aus
32 Einzel-Mikrofonen besteht. Einzelne Klänge wurden zunächst von
Hörsystem-Trägern bewertet. Eine Prozedur, die in der Folge
automatisiert fortgesetzt wurde. Nach festgelegten Einheiten übernahmen
wieder Personen das Training. Dieser Prozess wurde solange fortgeführt,
bis ein überzeugendes Ergebnis vorlag. Das DNN wurde also schrittweise
optimiert. Nach 12 Millionen Klängen war das DNN in der Lage in jeder
x-beliebigen Klang-Situation eine Stimme zu erkennen und so anzuheben,
dass sie verständlich ist, ohne das Geräusch-Umfeld herauszufiltern.
Wichtig
dabei ist, dass Oticon More nicht aufgrund festgelegter Szenarien
funktioniert, sondern es passt sich eigenständig an reale Situationen
an. Bei Oticon vergleicht man das gerne mit dem Laufenlernen. Hierbei
beginnt das Kind in einem sicheren Terrain wie dem eigenen Zuhause.
Sobald es in diesem Gebiet souverän laufen kann, wird es sich Schritt
für Schritt auch in anderen Umgebungen selbstständig zurechtfinden. Mit
dem Oticon More-System ist es ähnlich, was sich beispielsweise während
der Corona-Krise bestätigt hat. Sie begann nach der Entwicklung von
Oticon More. Dennoch berichten Nutzer das das DNN die spezifische
Dämpfung von Stimmen hinter Schutzmasken erkannt und daraus einen
Maskenmodus entwickelt hat.
Minimaler Raum- und Energiebedarf
Künstliche
Intelligenz wird übrigens auch von anderen Geräten genutzt. Wichtig ist
sie unter anderem im Zusammenhang mit dem autonomen Fahren, in der
Raumfahrt oder auch für intelligente Assistenz-Systeme wie Alexa. Nur
dort ist sie in vergleichsweise großräumige Computer mit hohen
Akkukapazitäten oder gleich mit einem Netzanschluss untergebracht. Das
Kunststück, das Oticon vollbracht hat, ist, diese hochentwickelte
Technologie in das winzige Gehäuse eines Hörsystems unterzubringen und
den Energiebedarf auf eine winzige Menge zu reduzieren. Zudem arbeitet
das System eigenständig, ohne ein weiteres Gerät oder eine App zu
benötigen.
Oticon More™-Hörsysteme für klares und angenehmes Hören
Schon
die BrainHearing-Technologie geht darauf ein, dass unsere Ohren der Ort
sind, an dem wir hören, das Gehirn aber die Aufgabe hat, zu verstehen.
Oticon More geht hier gleich mehrere Schritte weiter. Durch das komplexe
DNN erhält das Gehirn nun genau das Klangbild, welches es erwartet.
Außerdem kommt zur technischen Komponente eine qualitative: Die
DNN-Technologie in Oticon More regelt Klänge so, dass sie sich angenehm
anhören. Das funktioniert unabhängig davon, ob es sich dabei um eine
Gesprächskulisse oder um Naturgeräusche handelt. Im Resultat erreicht
das System, dass das Gehirn Klänge um bis zu 60 Prozent klarer
wahrnimmt.