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Technikangst bei Kunden? So vermitteln Akustiker moderne Hörsysteme / audimus

Technikangst verstehen – moderne Hörsysteme sicher vermitteln

„Ich brauch doch keinen Computer im Ohr!“

Wie Hörakustiker Technikängste bei Kunden erkennen, professionell einordnen – und moderne Hörsysteme erfolgreich vermitteln

Der Stand der Technik 2025 – und das eigentliche Problem

Die Hörakustik steht 2025 auf einem technologischen Hochpunkt: Hersteller wie Phonak (Audéo Sphere), Signia (IX), Oticon (Intent), Widex (SmartRIC), ReSound (Nexia), Starkey (Edge AI), Bernafon (encanta) und viele mehr bieten Systeme, die weit über konventionelles Hören hinausgehen. Künstliche Intelligenz, Bewegungssensorik, Echtzeit-Szenenanalyse, Auracast™-Streaming, App-Kopplung, Gesundheitsintegration – das alles ist längst Realität.

Doch trotz dieses Fortschritts bleibt ein Grundproblem bestehen: Ein erheblicher Teil der Kundschaft steht dieser Technik nicht offen gegenüber. Nicht, weil sie schlecht wäre – sondern weil sie als zu abstrakt, zu fremd oder zu kompliziert empfunden wird.

Das bedeutet für Sie als Hörakustiker: Ihr fachliches Können endet nicht beim Anpassen – es beginnt beim Übersetzen. Denn ein Gerät ist nur so gut, wie es verstanden wird.

Technikangst erkennen – bevor sie blockiert

Technikängste zeigen sich nicht sofort. Sie kommen selten als „Ich will das nicht“, sondern als:

  • „Das ist doch viel zu kompliziert für mich.“
  • „Ich hab kein Smartphone – brauch ich dann überhaupt sowas?“
  • „Ich will kein Gerät, das mich kontrolliert.“

Diese Aussagen sind nicht Ablehnung – sie sind Schutzbehauptungen. Typischerweise vermeiden Kunden bei Technikangst Rückfragen. Sie nicken, wirken zustimmend, doch innerlich steigen sie bereits aus dem Gespräch aus. Man nennt das in der Beratungspsychologie „vermeidende Zustimmung“.

Achten Sie auf:

  • Nervöse Reaktionen beim Thema App oder Bluetooth
  • Vermeidung des Smartphones im Gespräch
  • Wunsch nach „einfachster“ oder „klassischer“ Lösung – auch wenn objektiv Nachteile entstehen

Was hier wirkt, ist keine Abneigung gegen Fortschritt. Es ist die Angst, nicht mitzukommen.

Top-Geräte 2025 – und wie Sie ihre Vorteile vermitteln

Die folgenden Systeme stehen stellvertretend für den aktuellen Stand der Technik. Wichtig: Nutzen Sie sie nicht zur Funktions-Demo, sondern zur individuellen Nutzenkommunikation.


Phonak Audéo Sphere

Echtzeitumfeldanalyse, Bewegungssensorik, LE Audio, myPhonak App 6.0
Vermittlungstipp: „Dieses System erkennt von selbst, ob Sie sich unterhalten, spazieren gehen oder in Ruhe lesen – und passt sich an, ohne dass Sie etwas tun müssen.“


Signia IX

Adaptive Fokussierung auf Gesprächspartner – besonders in Gruppen
Vermittlungstipp: „In der Familie oder im Restaurant: Das Gerät erkennt automatisch, wem Sie gerade zuhören – und richtet sich danach aus.“


Oticon Intent

Kombination aus Blickrichtung, Bewegungsanalyse, Hörkontext
Vermittlungstipp: „Das System merkt, worauf Sie Ihre Aufmerksamkeit richten – und bringt genau diese Stimme in den Vordergrund.“


Widex SmartRIC

Natürliches Klangbild bei wechselnden Bedingungen, extrem energiesparend
Vermittlungstipp: „Sie hören Sprache klar – selbst bei Wind oder Lärm. Und müssen sich um Akku oder Einstellungen nicht kümmern.“


ReSound Nexia

Auracast™-Streaming, zukunftssichere Konnektivität, diskrete Steuerung
Vermittlungstipp: „In Kirchen, Museen oder am Flughafen können Sie direkt auf das Gesprochene zugreifen – ohne ein Zusatzgerät.“

Health-Funktionen, Sturzerkennung, Hör- und Aktivitätsanalyse
Vermittlungstipp: „Das Gerät schützt nicht nur Ihr Gehör, sondern begleitet Sie im Alltag – unauffällig, aber mitdenkender Technik.“


ReSound Vivia RIC

Kompakt, leistungsstark, mit aurale Feinabstimmung
Vermittlungstipp: „Ideal für sensible Hörer – es passt sich an, ohne aufzufallen.“


Bernafon encanta

Spezialisiert auf Alltagssprache, mit smartem Noise-Management
Vermittlungstipp: „Die Technik bleibt im Hintergrund – Sie hören nur das, was Sie interessiert.“

Drei professionelle Strategien, um Technikängste gezielt abzubauen

1. Vom Gerät zum Gefühl: Emotion statt Funktion

Kunden mit Technikangst fragen sich selten: Was kann das Gerät?
Sondern: Wie fühlt sich das an? Bin ich überfordert? Wirkt das fremd?
Ihre Aufgabe ist es, technische Begriffe in alltagsrelevante Begriffe zu übersetzen. Beispiel:

Nicht: „Sie können Programme über die App wechseln“
Sondern: „Wenn’s Ihnen zu laut wird, ändern Sie das selbst – ohne Termin, ohne Hilfe.“

Starten Sie jede Erklärung mit: Was will mein Kunde eigentlich erleben? – nicht: Was kann das Gerät technisch?


2. Gesprächsführung mit Widerstandsanalyse

Fragen Sie gezielt – ohne Druck:

  • „Gab es schon mal Situationen, in denen Technik für Sie eher anstrengend war?“
  • „Wollen Sie lieber ein Gerät, das alles für Sie automatisch regelt – oder möchten Sie selbst Einfluss nehmen?“
  • „Wie wichtig ist es Ihnen, möglichst wenig mit dem Handy zu tun zu haben?“

Mit diesen Fragen entwaffnen Sie Vorurteile – und bringen Klarheit in unklare Abwehrhaltungen.


3. Einstieg statt Überforderung: Schrittweises Aktivieren

Viele Systeme erlauben heute, Funktionen später zu aktivieren. Das können Sie nutzen:

  • Basisfunktionen aktivieren
  • Smartphone-Funktionen erst bei Wunsch erklären
  • App-Coaching erst im Nachgespräch anbieten

So entsteht keine Technikwand – sondern eine Technik-Treppe.

Was Hörakustiker jetzt brauchen: Beratungskompetenz 2.0

Der Wandel in der Technik verändert nicht nur die Geräte – sondern auch das Berufsbild. Wer heute Hörgeräte verkauft, verkauft keine Produkte. Sondern Vertrauen, Selbstbestimmung, Sicherheit.

Dazu braucht es:

  • Mehr psychologisches Feingefühl
  • Besser strukturierte Gesprächsprozesse
  • Individuelle Vermittlungskonzepte im Team
  • Einheitliche Umgangsstrategien mit techniksensiblen Kunden

Nicht jede Person in Ihrem Fachgeschäft muss Technik erklären können – aber alle sollten erkennen können, wann Technik eine Hürde wird. Das beginnt bei der ersten Frage am Empfang – und endet nicht beim Feintuning im Anpassraum.

Die Technik ist da. Jetzt braucht es Haltung.

Der Erfolg moderner Hörsysteme entscheidet sich nicht an der Ausstattung. Sondern an der Fähigkeit des Akustikers, Technik zugänglich zu machen. Nicht jeder Kunde will alles – aber jeder will gehört, ernst genommen und verstanden werden.

Wer Technikängste erkennt, sie nicht bewertet, sondern begleitet – ist der echte Experte. Nicht für Geräte. Sondern für Menschen.




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